Perathoner & Pfefferl

Die Befristung im Arbeitsrecht

§ 14 TzBfG Gesetzestext: Zulässigkeit der Befristung

(1) Die Befristung eines Arbeitsvertrages ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist. Ein sachlicher Grund liegt insbesondere vor, wenn
1. der betriebliche Bedarf an der Arbeitsleistung nur vorübergehend besteht,
2. die Befristung im Anschluss an eine Ausbildung oder ein Studium erfolgt, um den Übergang des Arbeitnehmers in eine Anschlussbeschäftigung zu erleichtern,
3. der Arbeitnehmer zur Vertretung eines anderen Arbeitnehmers beschäftigt wird,
4. die Eigenart der Arbeitsleistung die Befristung rechtfertigt,
5. die Befristung zur Erprobung erfolgt,
6. in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe die Befristung rechtfertigen,
7. der Arbeitnehmer aus Haushaltsmitteln vergütet wird, die haushaltsrechtlich für eine befristete Beschäftigung bestimmt sind, und er entsprechend beschäftigt wird oder
8. die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht.
(2) Die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes ist bis zur Dauer von zwei Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von zwei Jahren ist auch die höchstens dreimalige Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Eine Befristung nach Satz 1 ist nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat. Durch Tarifvertrag kann die Anzahl der Verlängerungen oder die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren.
(2a) In den ersten vier Jahren nach der Gründung eines Unternehmens ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrages ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zur Dauer von vier Jahren zulässig; bis zu dieser Gesamtdauer von vier Jahren ist auch die mehrfache Verlängerung eines kalendermäßig befristeten Arbeitsvertrages zulässig. Dies gilt nicht für Neugründungen im Zusammenhang mit der rechtlichen Umstrukturierung von Unternehmen und Konzernen. Maßgebend für den Zeitpunkt der Gründung des Unternehmens ist die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit, die nach § 138 der Abgabenordnung der Gemeinde oder dem Finanzamt mitzuteilen ist. Auf die Befristung eines Arbeitsvertrages nach Satz 1 findet Absatz 2 Satz 2 bis 4 entsprechende Anwendung.
(3) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf keines sachlichen Grundes, wenn der Arbeitnehmer bei Beginn des befristeten Arbeitsverhältnisses das 58. Lebensjahr vollendet hat. Die Befristung ist nicht zulässig, wenn zu einem vorhergehen den unbefristeten Arbeitsvertrag mit demselben Arbeitgeber ein enger sachlicher Zusammenhang besteht. Ein solcher enger sachlicher Zusammenhang ist insbesondere anzunehmen, wenn zwischen den Arbeitsverträgen ein Zeitraum von weniger als sechs Monaten liegt. Bis zum 31. Dezember 2006 ist Satz 1 mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle des 58. Lebensjahres das 52. Lebensjahr tritt.
(4) Die Befristung eines Arbeitsvertrages bedarf zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform.

Anmerkung:

§ 14 ist die zentrale Norm des Befristungsrechts. Sie definiert in Absatz 1 den Grundsatz, dass jede Befristung eines Arbeitsverhältnisses eines sachlichen Grundes, also einer sachlichen Rechtfertigung bedarf. Das Sachgrunderfordernis gilt unabhängig davon, ob der Arbeitnehmer in Teilzeit, Vollzeit, in einem großen oder kleinen Betrieb, für kurze oder lange Dauer beschäftigt werden soll oder ob der Arbeitnehmer Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz genießt. Die Vorschrift enthält aber auch zugleich Ausnahmen vom Grundsatz des Sachgrunderfordernisses.
So gestattet das Gesetz in Abs. 2 und Abs. 3 unter den dort genannten engen Voraussetzungen auch sachgrundlose Befristungen, wobei beachtet werden muss, dass § 14 Abs. 3 Satz 4 TzBfG europarechtswidrig ist, so dass Befristungen nicht auf diese Regelung gestützt werden können. § 14 Abs. 1 Satz 2 enthält einen nicht abschließenden Katalog von Sachgründen. Von herausgehobener praktischer Bedeutung ist insbesondere der Sachgrund des vorübergehenden Arbeitskräftebedarfs nach Nr. 1. Teil des Sachgrundes nach Nr. 1 ist eine Prognose des Arbeitgebers darüber, dass der betriebliche Arbeitskräftebedarf
in der Zukunft wegfallen wird. Dieses so genannte Prognoseprinzip setzt voraus, dass der Arbeitgeber zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses anhand hinreichender tatsächlicher Anhaltspunkte die Prognose getroffen hat und stellen durfte, dass der Arbeitskräftebedarf nur vorübergehend ist und künftig wieder wegfallen wird. Die alleinige Unsicherheit über die künftige wirtschaftliche Entwicklung kann eine Befristung indes nicht rechtfertigen, diese Unsicherheit ist als Unternehmerrisiko allein vom Arbeitgeber zu tragen. Die Prognoseentscheidung des Arbeitgebers ist von den Arbeitsgerichten voll überprüfbar. Die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast für die Richtigkeit der Prognose im Prozess hängt insbesondere davon ab, ob sich die Prognose im Nachhinein bestätigt oder nicht.
Bestätigt sich die Prognose nicht, trägt der Arbeitgeber die volle Darlegungs- und Beweislast dafür, dass seine seinerzeitige Prognose aus damaliger Sicht dennoch korrekt war und sich die Dinge überraschend und unerwartet anders entwickelt haben. Bestätigt sich die Prognose – fällt also der Arbeitskräftebedarf tatsächlich später weg – so trägt der Arbeitnehmer die Darlegungs- und Beweislast, dass die Prognose bei Abschluss des Vertrages trotzdem nicht korrekt war. Werden vom Arbeitgeber mehrere befristete Arbeitsverträge mit demselben Arbeitnehmer nacheinander geschlossen – man spricht dann von Kettenbefristungen – so steigen die Anforderungen an die Arbeitgeberprognose mit zunehmender Zahl und zunehmender Dauer der Befristungen. Bei Kettenbefristungen überprüfen die Arbeitsgerichte in der Regel nur die letzte Befristung auf ihre Wirksamkeit; vorangegangene Befristungen werden nur im seltenen Ausnahmefalle (nämlich bei so genannten Annexbefristungen) geprüft.
Neben den weiteren in Absatz 1 Satz 2 ausdrücklich genannten Sachgründen sind auch andere Sachgründe möglich. Zu den von der Rechtsprechung anerkannten Sachgründen zählt beispielsweise der Sachgrund der Befristung auf den Zeitpunkt des Erreichens der Regelaltersrente. Das Sachgrunderfordernis des § 14 Abs. 1 Satz 1 erstreckt sich nur auf die Befristung des Arbeitsverhältnisses insgesamt. Die Befristung einzelner Arbeitsbedingungen hingegen richtet sich nicht nach dieser Vorschrift, sondern wird von den Arbeitsgerichten entweder unter dem Aspekt der Umgehung des Änderungskündigungsschutzes oder aber unter dem Aspekt des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen geprüft.
Das Sachgrunderfordernis erstreckt sich ferner nicht auf die reine Befristungsdauer. Der Arbeitgeber kann also beispielsweise im Falle eines vorübergehenden Arbeitskräftebedarfs von einem Jahr auch eine wirksame Befristung von einem halben Jahr nach dem Sachgrund Nr. 1 vornehmen. Nur im Ausnahmefall, kann eine kürzere Beschäftigungsdauer als sie eigentlich nach dem Sachgrund möglich wäre bedeutsam sein, dann nämlich, wenn die abweichende Dauer im Zusammenhang mit anderen Gegebenheiten des Einzelfalls ein schwerwiegendes Indiz dafür bietet, dass der gesamte Sachgrund nur vorgeschoben war.
Die sachgrundlose Befristungsmöglichkeit nach Abs. 2 bzw. 2a ist aus dem Gesetzeswortlaut weitgehend selbsterklärend. Entscheidend ist, dass diese Befristungsmöglichkeit nur bei einer tatsächlichen Erstanstellung als Arbeitnehmer bei dem jeweiligen Arbeitgeber gilt. Zu beachten ist ferner, dass eine Verlängerung stets voraussetzt, dass der Verlängerungsvertrag vor dem Ablauf der vorangegangnen Befristung abgeschlossen wird und dass bei der Verlängerung nur die Dauer des befristeten Vertrages hinausgeschoben werden darf, nicht aber die sonstigen Vertragsbedingungen verändert werden dürfen. Änderungen des Vertragsinhaltes sind nicht grundsätzlich ausgeschlossen, die Veränderungsvereinbarung darf aber zeitlich nicht mit der Vereinbarung der Verlängerung zusammenfallen.
Absatz 3 sieht eine aus arbeitsmarkpolitischen Gründen gewollte sachgrundlose Befristungsmöglichkeit für ältere Arbeitnehmer vor, wobei die Absenkung des maßgeblichen Alters auf das 52. Lebensjahr europarechtswidrig ist. Auf die Vorschrift des Abs. 3 Satz 4 kann daher keine Befristung gestützt werden. Die Befristung eines Arbeitsverhältnisses bedarf nach Absatz 4 stets der Schriftform. Das Schriftformerfordernis bezieht sich grundsätzlich nur auf die Befristungsabsprache selber, muss also nur den Hinweis enthalten, dass das Arbeitsverhältnis befristet ist und wann es sein Ende findet; die schriftliche Angabe eines Sachgrundes ist nicht erforderlich außer im Falle der Zweckbefristung.