Perathoner & Pfefferl

Gebrauch eines gefäschten Gesundheitszeugnisses (Impfpass oder Impfzertifikat) und Urkundenfäschung

Rechtslage bis 24.11.2021

Wer vor dem 24.11.2021 mit einem gefäschten Impfpass in der Apotheke versucht hat ein digitales Impfzertifikat zu erhalten (meist um es in die Covpass App einzupflegen) hat gute Chancen ohne Strafe davon zu kommen.

Die (alte) mißglückte Vorschrift des § 279 StGB sah bis dahin nämlich nur vor, dass der Gebrauch eines geälschten Gesundheitzeugnisses, um ein solches handelt es sich bei einem Impfpass oder Zeugnis, nur gegenüber Behörden oder Versicherungen strafbar ist. Nachdem die Apotheke weder eine Behörde noch eine Versicherung ist, konnte man sich nicht nach § 279 StGB strafbar gemacht haben. Zwar versuchen die Staatsanwaltschaften die missglückte Vorschrift zu retten, indem sie den § 267 StGB, die Urkundenfäschung ins Feld führen.

Warum soll der geälschte Impfpass keine Urkundenfälschung sein

Die Urkundenfälschung nach § 267  hat einen Strafrahmen von Geldstrafe bis zu 5 Jahren Freiheitsstrafe. Der § 279 StGB also der Gebrauich eines gefäschten Gesundheitszeugnisses hat einen Strafrahmen  von Geldstrafe bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe.  Unzeifelhaft ist ein Impfzertifikat und ein Impfpass eine Urkunde, welche man nach § 267 fälschen könnte. Aber der § 279 StGB ist die speziellere Vorschrift da dort ja eindeutig von Gesundheitszeugnisen also auch einem Impfpass gesprochen wird. Nun gibt es in der Juristerei  den Grundsatz "lex spezialis vor lex generalis" ,was soviel heißen soll, dass immer das speziellere Gesetz anzuwenden ist. Da die Fälschung eines Gesundheitszeugnisses (279 StGB) das sepziellere Gesetz ist verdrängt es nach Meinung der meisten Juristen auch in diesem Fall die Vorschrift der Urkundenfäschung, die ja allgemeiner ist. Wenn dort aber der Gebrauch eines gefälschten Gesundheitszeugnisses nur gegenüber von Behörden und Versicherungen strafbar ist, dann kann daraus geschlossen werden, dass der Gesetzgeber den Gebrauch gegenüber Apotheken oder Gaststätten eben nicht unter Strafe stellen wollte. Natürlich stimmt das nicht, aber Strafgesetze dürfen nicht ausgelegt werden, es gilt ein Analogieverbot. Wenn etwas nicht verboten ist, dan ist es erlaubt und wenn der Gesetzgeber nur von Behörden und Versicherungen spricht, ist der Gebrauch allen anderen gegenüber erlaubt.

Es gibt auch ein weiteres Argument, dass dafür spricht, dass die Urkundenfälschung nach § 267 StGB nicht für den Gebrauch eines gefäschten Impfpasses herangezigen werden kann.

Derjenige der einen gefälschten Impass bei einer Behörde vorgelegt hat, geht dafür nach § 279 StGB schlimmstenfalls ein Jahr ins Gefängnis. Derjenige der den gefälschten Imfppass im Restaurant vorgezeigt hat soll dafür dann nach § 267 StGB (Urkundenfäslchung) schlimmstenfalls für 5 Jahre ins Gefängnis gehen? Der gesunde Menschenverstand rebeliert da, oder?

Das Landgericht Osnabrück sieht das im übrigen auch so und geht bei der alten Fassung des § 279 StGB davon aus, dass die Vorlage des Impfpasses in der Apotheke nicht strafvbar ist. (Beschluss vom 26.10.2021)

Rechtslage ab dem 24.11.2021

Am 24.11.2021 ist die neue Fassung des § 279 StGB in Kraft getreten. Dort heißt es jetzt nur noch:

"Wer zur Täuschung im Rechtsverkehr von einem Gesundheitszeugnis der in den §§ 277 und 278 bezeichneten Art Gebrauch macht, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft, wenn die Tat nicht in anderen Vorschriften dieses Abschnitts mit schwererer Strafe bedroht ist."

Damit ist die Gesetzeslücke geschlossen worden, von der Formulierung erinnert die Vorschrift jetzt an die Urkundenfälschung. Auch dort heißt es "Wer zur Täschung im Rechtsverkehr ......"  Das heißt, dass man versuchen muss eine andere Person aufgrund des Irrtums zu rechtserheblichem Verhalten zu veranlassen. Damit ist numehr jedweder Gebrauch eines gefälschten Impfpasses strafbar.

Braucht man dann überhaupt noch einen Rechtsanwalt?

Mehr denn je! Es gibt immer noch manigfaltige Verteidigungschancen. Abgesehen von der reinen Strafmaßverteidigung (man versucht also eine möglichst niedrige Strafe zu erwirken, z.B. damit diese nicht in ein polizeiliches Führungszeugnis eingetragen wird) gibt es immer noch aussichtsreiche Verteidigungstrategien. Zum Beisspiel: "In dubio pr reo" (Im Zweifel für den Angeklagten) Die Staatsanwaltschaft muss nämlich erst einmal nachweisen dass der Impfpass gefälscht ist. Darüber könnte natür der Arzt Auskunft geben, den Impfpass unterzeichnte hat. So einfach ist das aber nicht, denn es gibt eine ärztliche Schweigepflicht, von der auch die Staatsanwaltschaft oder ein Gericht den Arzt nicht befreien kann. Unter die ärztliche Schweigepflicht fäält auch schon die Frage,ob jemand sich in dessen Behandlung befunden hat.

Nachdem derzeit Impfverweigerer oder Skeptiker schwer ins Visier der Politik geraten sind bleibt zu befürchten, dass der Verstoß gegen 279 § StGB hart geahndet werden soll. Die jüngst an uns herangetragenen Mandante zeige dies auch schon überdeutlich. Die Verdächtigen wurden beim Versuch ein digitalisiertes Impfzertifikat in der Apothelke durch Vorlage eines gefälschten Impfpasses zu erlangen zunächst von den Apotheken vertröstet und später angerufen, dass das digitalisierte Impfzertifikat zur Abholung bereits liegt. Dort warteten dann mehrere Polizeibeamte und nahmen den Verdächtiges fest und führten eine Hausdurchsuchung durch. Auch bei Personen, die das Impfzertifikat dann nicht abholten gab es Hausdurchsuchungen. Das erstaunlich daran ist, dass diese nicht mit der Begründung von "Gefahr im Verzug " von der Polizei ohne richterliche Anordnung, sondern mit einem richterlichen Beschluss durchgeführt wurden. Nachdem es sich dabei um einen Grundrechtseingriff von besonderer Bedeutung handelt muss die Maßnahme angemessen im Verhältnis zur Schwere der Straftat stehen. Bislang hätten die meisten Richter bei Straftaten die den geringsten nur möglichen Strarahmen von maximal einem Jahr Freiheitstrafe im Rahmen der Verhältnismäßigkeit den Beschuss verweigert. Offensichtlich ist auch der ein oder andere Richter geneigt dies Angesichts der Corona-Pandemie anders zu beurteilen als der das zuvor getan hat.