Perathoner & Pfefferl

verbotene Kraftfahrzeugrennen § 315 d StGB

Verbotene Kraftfahrzeugrennen § 315 d StGB

Seit 2017 gibt es diesen neuen Straftatbestand, mein Eindruck ist, die Justiz und ganz besonders die Polizei hat gefallen an diesem Straftatbestand gefunden, zumindest ist eine inflationäre Anwendung festzustellen. Ins Visier der Polizeibeamten geraten dabei besonders häufig junge männliche Fahrer mit hochmotorisierten Fahrzeugen. In Berlin wird gerne und häufig von der Vorschrift Gebrauch gemacht (mache sagen, die Vorschrift sei nur in das StGB gelangt um gegen die Berliner Szene angemessen vorzugehen), aber auch in der Münchner Metropole wird der Straftatbestand immer häufiger vorgeworfen.

Welche Strafe droht bei einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen?

Die wichtigste aller Fragen. Für denjenigen, der noch nie mit dem Gesetz in Konflikt geraten ist, ist die eigentliche Strafe gar nicht so schlimm. Es gibt zumeist Geldstrafen in Höhe von 4-6 Monatsgehältern sofern niemand verletzt oder getötet wurde.

Für die meisten ist die größere Strafe aber, dass fast immer der Führerschein weg ist. Meist wird eine Führerscheinsperre von 6 bis 24 Monaten ausgesprochen. Dabei spielt es keine Rolle wie wichtig der Führerschein für den Fahrer ist. Berufliche oder private Belange werden dabei nicht berücksichtigt (Die Führerscheinsperre ist nämlich keine Strafe sondern eine Maßregel zur Besserung und Sicherung und muss daher anders als Strafen nicht verhältnismäßig sein)

Das Schlimmste kommt zuletzt. Das Fahrzeug kann eingezogen werden und sogar auch dann, wenn es sich nicht um das Eigentum des Fahrers handelt. (auch bei Mietfahrzeugen). Nachdem es sich beim Vorwurf derartiger Delikte zumeist um leistungsstarke Luxusfahrzeuge handelt sind da schnell mal 100.000 € weg. Nachdem die Einziehung des Autos verhältnismäßig sein muss, gibt es hier für den versierten Verteidiger einige Angriffspunkte um die Einziehung zu verhindern.

Tipp vom Fachanwalt:

Schweigen Sie beim Vorwurf des verbotenen Kraftfahrzeugrennen, sagen Sie nicht zu Ihren Motiven auch nicht, wenn Sie der Meinung sind nichts strafbares getan zu haben. Jede Äußerung die Sie tätigen wird verwertet (und in den häufigsten Fällen nicht zu Ihren Gunsten). Sprechen Sie zuerst mit einem erfahrenen Rechtsanwalt.

Aber mal von Anfang an.

Was ist da eigentlich genau verboten?

Strafbar ist:

• das Veranstalten (also ausrichten) eines (nicht genehmigten) Kraftfahrzeugrennens

• die Teilnahme an einem solchen Rennen

• sich als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen

Um das Juristendeutsch mal etwas verständlicher zu machen, hier der Versuch das verbotene Kraftfahrzeugrennen vereinfacht darzustellen:

Wer versucht, möglichst schnell von A nach B zu gelangen, dabei zu schnell fährt und sich grob verkehrswidrig und rücksichtlos verhält, um dabei „höchstmögliche Geschwindigkeit“ zu erreichen mach sich strafbar. Alles klar? Nein? So wie Ihnen geht es auch vielen Experten, die allesamt nur raten können was mit der höchstmöglichen Geschwindigkeit gemeint ist. Kommt es darauf an, wie schnell ich persönlich fahren kann? Für meine 82 jährige Mutter ist 60 km/h die „höchstmögliche Geschwindigkeit“, sie dürfte, für jeden individuell verschieden sein. Andere sagen, dass damit die technischen und physikalischen Grenzen gemeint sind. Wieder andere sagen dass es auf die Höchstgeschwindigkeit unter Berücksichtigung der Sicht-, Straßen- und Verkehrsverhältnisse ankommt. Das Ganze ist so unklar, dass ein mutiger Richter das Bundesverfassungsgericht eingeschaltet hat, weil er der Auffassung ist, dass die Vorschrift gegen den Bestimmtheitsgrundsatz verstößt, also für den Bürger nicht erkennbar ist, was genau verboten ist.

Das bedeutet aber leider nicht, dass die Vorschrift nicht mehr angewendet wird, ganz im Gegenteil könnte man den Eindruck gewinnen, dass Polizeibeamte jetzt erst recht bei jedem Reifenquietschen und einer auffälligen Fahrweise („Posen“) sofort an den § 315 d StGB denken. Dass man ein KFZ-Rennen auch ohne Gegner fahren kann, wird den ein oder anderen überraschen.

Alleinrennen

Das Alleinrennen wird die Fahrt genannt, die ohne andere Teilnehmer dennoch als Rennen gewertet wird, sozusagen Mann/Frau/Divers gegen die Uhr wenn dabei die Voraussetzungen hinsichtlich Geschwindigkeit, Rücksichtslosigkeit, Verkehrswidrigkeit usw vorliegen.

Das ganze nimmt zum Teil schon groteske Auswüchse an. In Berlin war ein Pizzafahrer mit einem Audi A3 unterwegs. Polizeibeamte beobachteten, wie er eine enge Kurve mit ungefähr 55 km/h durchfuhr, eine durchgezogene Linie zu Überholen überfuhr und zu guter Letzt sein Fahrzeug auf 89 km/h beschleunigte, um dann an einer roten Ampel anzuhalten.

Das Amtsgericht Tiergarten hatte den Angeklagten wegen eines verbotenen Kraftfahrzeugrennens verurteilt. Das Kammergericht (so heiß in Berlin das Oberlandesgericht) hat den Angeklagten dann freigesprochen, weil ein grob verkehrswidriges und rücksichtloses Verhalten des Angeklagten nicht vorlag. Nicht jedes verkehrswidrige Verhalten fällt unter § 315 d StGB, dafür gibt es nämlich Ordnungswidrigkeiten –Tatbestände.

Polizeiflucht

Strafbar ist jetzt auch die Polizeiflucht, sie stellt immer ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen dar. (warum das nur für den Flüchtenden tatbestandlich ein verbotenes Kraftfahrzeugrennen ist und nicht für die nachfahrende Polizei kann ich Ihnen leider nicht erklären, ist aber so weil es in der Gesetzesbegründung so aufgeführt ist)

Poser-Fahrten

Die sogenannte Poserfahrt , bei der es dem Fahrer darauf ankommt , wahrgenommen und bestaunt zu werden muss nicht unbedingt unter den Tatbestand des unerlaubten (verbotenem ) Kraftfahrzeugrennen fallen. Allein das Aufheulen lassen des Motors (im Leerlauf Gas geben) stellt kein Rennen dar. Das Driften um Kurven ist zwar gefährlich, dient aber nicht dazu eine große Geschwindigkeit zu erzielen. Sogenannte Donuts (beim Driften “Kreise drehen”) führen auch nicht zu Höchstgeschwindigkeiten (aber zu abgefahrenen Reifen) und dürften daher auch nicht unter den § 315 d fallen. Das heißt aber nicht, dass man derartiges Verhalten ungestraft im Straßenverkehr an den Tag legen kann. In einem Beschluss des Landgerichtes Berlin (ein Hochzeitteilnehmer hatte einen Donut an einer Starßenkreuzung gezeichne. Das Landgericht sah zwar den Tatbestand des verbotenen Kraftfahrzeugrennens als nicht gegeben an, nahm aber dafür eine Nötigung an (der Fahrer war dabei in die Gegenfahrbahn gekommen und andere Verkehrsteilnehmer mussten ausweichen) und entzog deswegen die Fahrerlaubnis.

Die Materie ist äußerst schwierig und lebt von vielen Einzelfallentscheidungen, die der Rechtsbeistand einfach kennen muss. Wir können nur jedem raten, sich unbedingt von einem erfahrenen Verteidiger beraten zu lassen.