Perathoner & Pfefferl

Jugendstrafrecht

Das Jugendstrafrecht weist gegenüber dem Erwachsenen-Strafrecht erhebliche Besonderheiten auf, die im nachfolgenden beschrieben werden sollen.

Jugendlicher im Sinne des Jugendgerichtsgesetzes (JGG) ist, wer das 14te Lebensjahr vollendet hat noch nicht aber das 18te Lebensjahr vollendet hat. Für Jugendliche ist das Jugendstrafrecht immer zwingend anzuwenden.

Heranwachsender im Sinne des Jugendgerichtsgesetzes ist, wer das 18te Lebensjahr vollendet hat aber noch nicht das 21te Lebensjahr vollendet hat. Ein Heranwachsender wird immer dann nach dem Jugendstrafrecht behandelt, wenn eine sogenannte Reifeverzögerung vorliegt, das heißt, der Heranwachsende eher einem Jugendlichen als einem Erwachsenden gleicht.

Der entscheidende Vorteil des Jugendstrafrechts für den Beschuldigten oder Angeklagten ist, dass der Erziehungsgedanke im Vordergrund steht und nicht der Aspekt des Bestrafens, außerdem soll eine Stigmatisierung vermieden werden, insoweit werden Straftaten, die nach dem Jugendstrafrecht verurteilt werden nicht so schnell in ein Führungszeugnis eingetragen.

Das Jugendstrafrecht kennt z. B. keinen generalpräventiven Gedanken, also die Bestrafung als Mittel zur Abschreckung. Aus diesem Gedanken heraus gilt auch der Strafrahmen des Erwachsenenstrafrechts nicht, was gerade bei Verbrechenstatbeständen (wie z.B. Bandendiebstahl, Totschlag, Handeltreiben mit nicht geringer Menge von Betäubungsmitteln, Raub, räuberische Erpressung) einen immensen Vorteil darstellen kann, da bei diesen Delikten bei Erwachsenen fast ausnahmslos hohe Freiheitsstrafen verhängt werden. Ein schwerer Raub bei einem Erwachsenen führt unweigerlich zu einer Freiheitsstrafe von mehr als 5 Jahren (dies schreibt das Gesetz vor), bei einem Jugendlichen oder einem Heranwachsenden gelingt es häufig auch bei einem derart schweren Delikt noch Jugendstrafen zur Bewährung zu erreichen.

Außerdem kennt das Jugendstrafrecht als Ahndung von Straftaten Arbeitseinsatz, Teilnahme an Kursen oder Beratungsgesprächen, Freizeitarrest, Dauerarrest und Jugendstrafe und den Warnschussarrest.

Freizeitarrest bedeutet, dass der Jugendliche oder Heranwachsende jeweils eine bestimmte Anzahl an Wochenenden in einer speziellen Einrichtung verbringt die einem Gefängnis sehr ähnlich ist.

Dauerarrest bedeutet, dass der Jugendliche oder Heranwachsende für einen Zeitraum von mindesten einer, bis maximal vier Wochen in einer vorgenannten Einrichtung eingesperrt wird.

Jugendstrafe ist vergleichbar mit der Haftstrafe im Erwachsenenstrafrecht. Die Jugendstrafe kann zur Bewährung ausgesetzt werden, sofern sie zwei Jahre nicht übersteigt.

Ein weiterer Vorteil ist, dass verurteilte Straftaten bei den Jugendlichen und Heranwachsenden, die nach Jugendstrafrecht abgeurteilt werden, dann nicht in ein polizeiliches Führungszeugnis eingetragen werden, wenn die Jugendstrafe zwei Jahre nicht übersteigt.

Zum Vergleich und zur Veranschaulichung: Bei einem Erwachsenen werden Geldstrafen von mehr als 90 Tagessätzen bereits in das polizeiliche Führungszeugnis aufgenommen, ebenso Freiheitsstrafen von mehr als drei Monaten.

Mit einem Eintrag im Führungszeugnis ist so manche Berufskarriere schon beendet bevor sie losgeht. Gerade deshalb ist es von immenser Wichtigkeit, dass bei einem Heranwachsenden (zum Tatzeitpunkt zwischen 18 und 21 Jahren alt) Jugendstrafrecht zur Anwendung gebracht wird. Dafür zu sorgen ist in vielen Fällen die vornehmliche Aufgabe des Verteidigers.

Das Jugendstrafrecht privilegiert also jüngere Straftäter und bietet ganz erhebliche Chancen auch für die Verteidigung. Insoweit ist es wichtig sich schon im Ermittlungsverfahren von einem erfahrenen Anwalt verteidigen und beraten zu lassen.

Die Jugendgerichtshilfe im Straffahren gegen Jugendliche

Die Jugendgerichtshilfe wird in einem Strafverfahren den Jugendlichen oder Heranwachsenden immer persönlich laden und eine Besprechung mit ihnen durchführen. Dies kann von ganz erheblicher Bedeutung, gerade bei Heranwachsenden sein, da auch die Jugendgerichtshilfe eine Empfehlung für das Gericht abgibt, ob Erwachsenen- oder Jugendstrafrecht zur Anwendung kommen sollte. Insoweit ist es also wichtig, dass der Anwalt den Heranwachsenden berät, und ihm deutlich macht, welche Aspekte seines Lebenslaufes er besonders hervorheben sollte. In meiner Erfahrung als Anwalt habe ich es häufiger erlebt, dass Heranwachsende z. B. mehrere Schulabbrüche oder ein „Sitzen bleiben“ verschweigen, da sie der Meinung sind, dass für sie ungünstig wäre. Gerade Schwierigkeiten in der Schule dienen aber im Jugendstrafrecht als Anhaltspunkt dafür, dass eine gewisse Reifeverzögerung vorliegt also auch bei einem Heranwachsenden (zwischen 18 und 21 Jahren) Jugendstrafrecht zur Anwendung kommen kann.

Insgesamt gilt auch im Jugendstrafrecht wie im Erwachsenenstrafrecht, dass man sich so früh, wie möglich der Hilfe eines erfahrenen Rechtsanwaltes bedienen sollte, da gerade im Ermittlungsverfahren noch viel von Seiten des Anwaltes gelenkt und gesteuert werden kann.

Nur in seltenen Fällen müssen Jugendliche oder Heranwachsende vor dem Jugendgericht zwingend (also von Gesetztes wegen) von einem Verteidiger vertreten werden. Gerade für jüngere Menschen stellt aber eine Hauptverhandlung einen unvorstellbar großen Stress da. Einen Teil dieser Belastung kann ein erfahrener Verteidiger dadurch nehmen, dass er erklärt, wie das Verfahren abläuft und einfach während der Hauptverhandlung anwesend ist und nötigenfalls eingreifen kann. Deshalb beauftragen Eltern häufig auch bei weniger schweren Vorwürfen einen Verteidiger für ihre Kinder, weil das eine der effektivsten Methoden darstellt, das Kind in dem Gerichtsverfahren zu unterstützen.

Natürlich haben auch die Eltern ein Anwesenheitsrecht während der Hauptverhandlung. Wir bitten die Eltern unserer jugendlichen Mandanten immer, mit in die Hauptverhandlung zu kommen. Was Eltern im Rahmen einer solchen Verhandlung noch für ihr Kind tun können, besprechen wir immer im einzelnen mit den Eltern.

Ob ein Verteidiger für einen jugendlichen Straftäter bestellt wird oder nicht, ist häufig eine finanzielle Frage. Die Kosten der Verteidigung für einen Jugendlichen im Ermittlungsverfahren und an einem Hauptverhandlungstag belaufen sich nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) schon auf ca. 1000 €. Die meisten Strafverteidiger werden aber eine Gebührenvereinbarung mit den Eltern schließen, die die gesetzlichen Gebühren  übersteigen.

Es ist sinnvoll eine/n Rechtsanwältin/Rechtsanwalt, am besten einen Fachanwalt für Strafrecht mit der Verteidigung zu beauftragen. 


Der Autor dieses Artikels, Rechtsanwalt Michael D. Pfefferl, ist seit 1998 in der Kanzlei Perathoner & Pfefferl, jetzt in München Trudering, als Strafverteidiger tätig, er ist Fachanwalt für Strafrecht und betreibt in München unter der Rufnummer 0177 2052031 einen Anwaltsnotdienst, der 24 Stunden, auch am Wochenende, erreichbar ist.